Mein kleines Stück Japan

29.05.2018

Am Samstag war in Düsseldorf der Japantag – also ein Tag rund um die japanische Kultur organisiert von Deutschlands Stadt mit der größten Zahl japanischer Einwohner*innen. Ihr könnt euch denken, was mein Gedanke war. Da muss ich hin! Wenn da nicht so viele „wenns“ wären… wenn ich nicht fürs Examen lernen müsste, wenn ich nicht das Gefühl hätte dauergestresst zu sein, wenn ich nicht fünf Stunden einfach allein mit dem Auto fahren müsste… Die „abers“ waren trotzdem stärker. Aber ich will doch eine Freundin in Düsseldorf treffen, aber ich brauch auch mal ein Wochenhighlight, aber ich will meinen mal wieder Yukata ausführen können. Das ausschlagende „Aber“ war aber dann ehrlich gesagt doch ein anderes: Aber ich muss doch endlich etwas gegen das immer größer werdende Japanheimweh  tun– gegen diese ständig tiefsitzende Melancholie - , kann der Japantag mir nicht ein kleines Stückchen Japan zurückgeben, zumindest für diesen einen Tag?

Objektiv betrachtet vielleicht kein schlüssiger Grund dafür sich insgesamt zehn Stunden allein über diverse Autobahnen zu quälen. Subjektiv aber doch so aussagekräftig, dass ich diesen Samstagmorgen um 6 aufstand um pünktlich zur Eröffnung um 12 in Düsseldorf zu sein. Und da war ich dann, schwitzend in der bunt verkleideten Menschenmenge in meinem viel zu warmen Yukata und Geta, den für lange Strecken wohl unbequemsten Schuhen der Welt. Trotzdem tat der Yukata für das eigene Selbstbewusstsein sein Übriges und ich trippelte-schwebte selig durch die Menschenmenge und saugte dabei jedes gesprochene japanische Wort um mich herum auf. Denn davon gab es einige. Ganz typisch japanisch ging es weiter mit der verzweifelten und dann doch noch erfolgreichen Suche nach vegetarischem Essen, Tanzvorführungen mit extrem talentiert-braven Kindergartenkindern und diversen Musikgruppen. Mein persönliches Sahnehäubchen war eine Gruppe die mit traditionellen Instrumenten wie Shamisen und Koto überraschend moderne Musik produzierten und ich dann doch noch meine Geta gegen tanzfreundlichere Chucks austauschen musste. Ein bisschen Melancholie gab es dann beim typisch-japanischen Abschlussfeuerwerk auch noch bei der Erinnerung an mein erstes echtes japanisches Feuerwerkfest letzten Sommer. Ein rundum schöner Tag also! Den Bericht jetzt zu beenden würde sich aber auch nicht richtig anfühlen. Denn so ganz ausschließlich wunderbar-glitzer-glänzend war das alles dann doch nicht. Denn seien wir mal ehrlich: Der Japantag ist kein kleines Volksfest im japanischen Hinterland sondern eine deutsche Großveranstaltung zu der jährlich über eine halbe Millionen Besucher*innen anreisen. Eine halbe Millionen Besucher*innen produzieren nun mal Müll der sich so ganz unjapanisch an jeder zweiten Straßenecke ansammelt, eine halbe Millionen Besucher*innen verstopfen nun mal Gehwege und Parkplätze und eine halbe Millionen Besucher*innen sind nicht alle studierte Japanolog*innen und Shamisenspieler*innen. Kleine Stände mit japanischen Stoffen und Töpferarbeiten hätte ich mir gewünscht, Plastik-Mangafiguren und billige Polyesterkimonos verkaufen sich aber trotzdem besser und fanden sich so am gesamten Rheinufer. Und Cosplayer und Otaku-Animefans sind zwar witzig anzuschauen aber sie machen eben auch einen enorm großen Anteil an der Gesamtbesucherzahl aus. Das kann man gut oder schlecht finden, schließlich ist die Cosplaykultur ein Teil (von vielen!) Japans mit dem sich anscheinend viele identifizieren - wenn man beim Japantag allerdings gediegene Matcha-schlürfende Kimonoträgerinnen erwartet ist man leider falsch.

Und so entwickelte ich mich am Abend zwiegespalten aus meinem Yukata. Mehr japanische Ruhe, Kultur und Liebe fürs Detail hätte ich mir insgeheim schon gewünscht – gleichzeitig fühlte es sich auch ziemlich gut an Sushiessend im Yukata Taikotrommeln zu lauschen. Und spätestens beim Abschlussfeuerwerk fühlte sich das alles dann doch ziemlich Japanisch an –

 

nur mein ganz eigenes kleines Stück Japan konnte der Tag leider nicht zurück bringen. Was im Nachhinein betrachtet wahrscheinlich auch logisch ist. Auf mein ganz eigenes kleines Stück Japan muss ich wohl einfach noch ein kleines großes bisschen warten…



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